Keine betriebliche Übung im Steuerrecht
Beurteilung ein- und desselben Sachverhaltes in 2 Jahren durch das Finanzamt kann zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen
Finanzgericht Niedersachsen – Keine betriebliche Übung im Steuerrecht.
Eigentlich war uns das schon immer klar. Aber man hofft ja immer darauf, dass manche Dinge sich doch einmal in eine andere Richtung entwickeln.
Anders als im Arbeitsrecht gibt es im Steuerrecht keine betriebliche Übung. Aus diesem Grund darf das Finanzamt den gleichen Sachverhalt in einem Jahr so und in einem anderen Jahr anders beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn das Finanzamt einen Sachverhalt über einen sehr langen Zeitraum gleich beurteilt hat. Beispielsweise über ein Jahrzehnt lang. Im Steuerrecht gilt nämlich der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Dies hat zur Folge, dass auch in diesem Fall von der einmal getroffenen Beurteilung abgewichen werden kann.
Dies wurde kürzlich noch einmal durch das Finanzgericht Niedersachsen klar gestellt. Beim Finanzgericht wurde darüber verhandelt, dass einem IT-Unternehmer über einen sehr langen Zeitraum (12 Jahre lang) das Finanzamt geglaubt hatte, dass er den jeweiligen betrieblichen PKW nicht privat nutzen würde. Anders als allgemein üblich wurde ein Fahrtenbuch nie angefordert. Im 13. Jahr erfolgte dann die Besteuerung des PKWs mit der 1%-Regelung für die private Nutzung. Der IT-Unternehmer beteuerte, dass der Sachverhalt sich nicht geändert habe. Also forderte er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass das Finanzamt sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen dürfe.
Das Finanzgericht dagegen stellte sich auf den Standpunkt, dass bei Veranlagungssteuern wie der Einkommensteuer die unterschiedliche Behandlung eines gleichartigen Sachverhaltes in verschiedenen Veranlagungszeiträumen weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen Treu und Glauben verstoße. Aus diesem Grund war laut Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen das Finanzamt nicht an die frühere Behandlung gebunden.
Der IT-Unternehmer will die Sache so nicht auf sich beruhen lassen und hat gegen die Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er will damit die Revision erzwingen. Die Nichtzulassungsbeschwerde trägt das Aktenzeichen VIIIB61/19.
Sollten Sie im Privatvermögen weitere Fahrzeuge haben, die gleichartig und/oder gleichwertig sind, gibt es vielleicht eine andere Möglichkeit, die 1%- Regelung zu umgehen. Sprechen Sie uns dazu gern an,- gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wir die beste auf Sie persönlich zugeschnittene Lösung.
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Eigenbeleg im PDF Format
gilt das auch bei verbindlicher Auskunft?
Sehr geehrter Herr Knebel,
vielen Dank für Ihre Frage zu unserem Blogbeitrag! Bitte entschuldigen Sie die leicht verspätete Antwort.
Grundsätzlich ist es so, dass man eine verbindliche Auskunft ja beim Finanzamt einholt, um Rechtssicherheit zu erhalten. Dennoch muss ich in Kurzform auf Ihre Frage antworten: Das kommt darauf an…
Worauf kommt es an? Zum einen muss der Sachverhalt im Rahmen der verbindlichen Auskunft sehr genau dargestellt sein und Sie müssen sich später bei der tatsächlichen Durchführung exakt an Ihre Darstellung gehalten haben. Sofern sich dann im Rahmen der Steuergesetzgebung für den betreffenden Sachverhalt nichts ändert, dürften Sie eigentlich auf der sicheren Seite sein.
Dennoch gilt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung grundsätzlich, über alle Steuerarten und steuerlichen Sachverhalte hinweg. Von daher mag ich gerade keine abschließende Aussage zu diesem Thema geben. Wenn Sie einen konkreten Sachverhalt haben, nehmen Sie gern Kontakt zu mir auf! Der Teufel steckt wirklich im Detail!
Herzliche Grüße sendet Ihnen
Ingrid Kruse-Lippert