Einkommensteuerliche Zusammenveranlagung

Einkommensteuerliche Zusammenveranlagung trotz langjähriger räumlicher Trennung der Ehegatten
Man könnte den Eindruck haben, dass in den Finanzgerichten Menschen sitzen, die sich mit den Entwicklungen der heutigen Zeit auch unter steuerlichen Gesichtspunkten auseinandersetzen! In einem Urteil vom FG Münster vom 22.02.2017 wurde nämlich entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nach Einkommensteuerrecht trotz jahrelanger räumlicher Trennung der Ehegatten erfüllt sein können.
Bisher war das dauerhafte Zusammenleben der Ehepartner Voraussetzung für die steuerliche Zusammenveranlagung
Das ist insofern positiv, als man bisher davon ausgehen musste, dass eine räumliche Trennung von Ehegatten über einen längeren Zeitraum automatisch zur Versagung der steuerlichen Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung geführt hat. Aus der früheren Rechtsprechung des BFH hat sich ergeben, dass Ehegatten getrennt im Sinne des Steuerrechts leben, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht. Der BFH versteht unter Lebensgemeinschaft bisher die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten und unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens, z. B. die gemeinsame Entscheidung über die Verwendung des Familieneinkommens.
Das Urteil des FG Münster trägt modernen Beziehungsmodellen Rechnung
In der Entscheidung des FG Münster wird explizit erläutert, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nach heutiger Zeit wenigstens das Fortbestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft erfordert. Gleichzeitig muss das Fortführen der Ehe angestrebt sein. Dies bedeutet, dass in der Gesamtbeurteilung ein nicht-dauerndes Getrenntleben anzunehmen ist, wenn die Ehegatten zwar für eine nicht absehbare Zeit räumlich voneinander getrennt leben, aber dennoch die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft dadurch aufrecht erhalten, dass sie die sie berührenden wirtschaftlichen Fragen gemeinsam erledigen, gemeinsam über die Verwendung des Familieneinkommens entscheiden und trotz der räumlichen Trennung weiterhin gemeinsame regelmäßige Treffen und Unternehmungen mit der Familie durchführen. Im Urteilsfall hatten die Eheleute vorgetragen, dass gerade weil sich die Eheleute räumlich getrennt haben, die Ehe intakt geblieben sei. Das Finanzamt hatte sich mit dem Vortrag der Eheleute nicht positiv auseinander setzen können. Diese hatten vorgetragen, dass sich die Formen des familiären Zusammenlebens seit den 60er Jahren stark verändert und weiterentwickelt haben. Die in heutiger Zeit vorhandenen Living-apart-together-Beziehungen wollte das Finanzamt nicht als Voraussetzung für eine einkommensteuerliche Zusammenveranlagung im hier vorliegenden Fall anerkennen und wies darauf hin, dass selbst tägliche Telefonate, gelegentliche gemeinsame Abendessen, gegenseitige Hilfe im Haushalt sowie gemeinsame Unternehmungen zwar auf ein gutes freundschaftliches Verhältnis beider Partner hindeuten würden, aber nicht für das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft im steuerlichen Sinn ausreichten.
Unser Tipp:
Nach diesem Urteil des FG Münster ist es nicht länger hinzunehmen, wenn das Finanzamt aufgrund räumlicher Trennung von Ehegatten die Zusammenveranlagung verwehrt, obwohl die Eheleute eine fortbestehende Wirtschaftsgemeinschaft pflegen und darüber hinaus noch eine persönliche und geistige Gemeinschaft besteht. Der Wille, die Ehe fortzuführen, muss nach außen erkennbar sein. In diesem Fall sollte das Versagen des Finanzamts auf Anerkennung der Zusammenveranlagung nicht widerspruchslos hingenommen werden.  

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